Praktikanten werden ausgebeutet

Eine DGB Studie belegt: Praktikanten werden noch immer als billige Arbeitskräfte ausgebeutet
Trotz des drohenden Fachkräftemangels werden Praktikantinnen und Praktikanten immer noch als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Zu diesem Ergebnis kommt die neue wissenschaftliche Studie „Generation Praktikum 2011“ vom Deutschen Gewerkschaftsbund und von der Hans-Böckler-Stiftung (HBS). Im Mittelpunkt der Studie stehen Praktika nach dem Hochschulabschluss. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch von der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ingrid Sehrbrock und dem DGB-Bundesjugendsekretär René Rudolf in Berlin vorgestellt.

Ingrid Sehrbrock forderte die Politik auf, endlich zu handeln und den Missbrauch zu stoppen: „Vier von fünf Praktikanten leisten vollwertige Arbeit in den Betrieben, drei von vier geben an, dass sie fest in die Arbeitsabläufe eingeplant sind. Es kann und darf nicht sein, dass qualifizierte Hochschulabsolventen als Praktikanten ausgebeutet werden. Deshalb lehnen wir...
Praktika nach dem Studienabschluss grundsätzlich ab. Stattdessen sollen Unternehmen und Verwaltungen reguläre Arbeitsverhältnisse bzw. Trainee- und Berufseinstiegsprogramme anbieten.“

Praktika seien ein Lern- und kein Beschäftigungsverhältnis, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende, „darum muss ein Praktikum im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gesetzlich als Lernverhältnis definiert werden. PraktikantInnen sollen ein Recht auf einen Praktikumsvertrag haben inklusive Praktikumsplan mit Lerninhalten und -zielen. Außerdem müssen Praktikanten einen Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung haben. Praktika und ähnliche Lernverhältnisse sollten mit mindestens 300 Euro pro Monat vergütet werden.“

Innerhalb der ersten dreieinhalb Jahre nach dem Ende des Studiums haben 38 Prozent der Befragten mindestens ein Praktikum oder eine praktikumsähnliche Beschäftigung absolviert. Viele hoffen auf einen Klebeeffekt, also eine direkte Übernahme, erklärte der DGB-Bundesjugendsekretär René Rudolf: „Die Hoffnung auf anschließende Übernahme hat deutlich an Bedeutung gewonnen – aktuell sind es 50 Prozent, also jeder zweite, der auf eine Übernahme hofft. 40 Prozent der Befragten sehen keine andere Möglichkeit als den Einstieg in das Berufsleben über ein Praktikum. Die Hoffnung auf einen Klebeffekt erfüllt sich meistens nicht. 22 Prozent, also nur jeder Fünfte, erhält am Ende des Praktikums ein Übernahmeangebot.“

Ein gravierendes Problem für die Praktikant/innen sei die Bezahlung, sagte René Rudolf: „Der Anteil unbezahlter Praktika ist zwar leicht zurückgegangen, von 45 Prozent im Jahr 2007 auf 40 Prozent in 2011. Dafür ist das Durchschnittseinkommen der bezahlten Praktika leicht gesunken und liegt aktuell bei 551 Euro brutto monatlich. Weil man damit nicht über die Runden kommt, sind viele PraktikantInnen auf die Unterstützung ihrer Eltern (56 Prozent) oder ihrer Partnerinnen und Partner (23 Prozent) angewiesen. 43 Prozent greifen auf ihre Ersparnisse zurück, genauso viele finanzieren sich während des Praktikums mit Nebentätigkeiten. Besonders skandalös: Jede bzw. jeder fünfte der Befragten, nämlich 22 Prozent, ist auf Sozialleistungen angewiesen.“

Bereits im Jahr 2007 haben DGB und Hans-Böckler-Stiftung eine Studie zur „Generation Praktikum“ vorgelegt. Auch dieses Mal wurde die Studie gemeinsam von der DGB-Jugend und der HBS entwickelt. Heidemarie Hecht vom Arbeitsbereich Absolventenforschung von der FU Berlin hat gemeinsam mit dem Soziologen Boris Schmidt die Befragung und Auswertung übernommen.

Insgesamt wurden 674 Absolventinnen und Absolventen aus vier deutschen Universitäten befragt. Die Befragten haben einen Online-Fragebogen ausgefüllt, in dem sie ihren beruflichen Werdegang in den dreieinhalb Jahren zwischen Studienabschluss und dem Befragungszeitpunkt beschreiben sollten. (DGB)

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