Hartz IV: Lügen und Heucheleien

Der Streit um die Hartz IV-Reform geht weiter
Im scheinbar endlosen Streit über die Hartz-IV-Reform dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einen Durchbruch. Vor einer weiteren Vermittlungsrunde mit der Opposition am Dienstagabend soll ein Spitzengespräch der CDU-Vorsitzenden mit FDP-Chef Guido Westerwelle und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer die Spielräume der Koalition ausloten. Noch sieht die Regierung eine Chance, das Reformpaket am Freitag im Bundesrat unter Dach und Fach zu bekommen.
Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) plant eine Erhöhung des Regelsatzes für Erwachsene um 5 auf 364 Euro und ein Bildungspaket für bedürftige Kinder - mit Zuschüssen für Schulmaterial, Freizeitaktivitäten und warmes Mittagessen in Schule und Kita. SPD, Linken und Grünen ist dies zu wenig. Seit sie das Paket kurz vor Weihnachten im Bundesrat gestoppt haben, läuft ein Vermittlungsverfahren. In der Nacht zum Montag waren die Verhandlungen nach neuneinhalb Stunden ergebnislos vertagt worden. Einige Länder halten Entscheidung diese Woche inzwischen für unrealistisch ist. [More >>]

Gegenseitige Appelle
Leyen appellierte an SPD und Grüne, nicht zu taktieren oder zu verzögern. "Ich setze mit aller Kraft noch auf die Vernunft", sagte die CDU-Politikerin. Die Gespräche dürften nicht mit "sachfremden Forderungen" überfrachtet werden.
SPD und Grüne sahen die Schuld der Verzögerung hingegen auf Regierungsseite und verlangten ein Machtwort Merkels. Die CDU-Vorsitzende müsse dafür sorgen, dass "jetzt endlich eine gemeinsame Verhandlungsposition gefunden" werde und der Korridor für die Verhandlungen bestehen bleibe, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. CDU, CSU und FDP seien völlig uneinig.
Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte Merkel auf, "endlich Ordnung in das Verhandlungswirrwarr" zu bringen. Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte, die Bundeskanzlerin nehme "aktiv an der Erarbeitung der Linie der Bundesregierung teil". Aus Koalitionskreisen wurde das für Dienstag geplante Spitzentreffen der drei Parteichefs von CDU, CSU und FDP bestätigt.
Bund will Grundsicherung übernehmen
Nach Angaben aus Verhandlungskreisen hatte von der Leyen in der Nacht ein Angebot zur Entlastung der Kommunen auf den Tisch gelegt. Demnach wäre der Bund bereit, schrittweise die Milliardenkosten für die Grundsicherung im Alter zu übernehmen. Bislang tragen die Städte und Gemeinden hier die Hauptlast. Die Kommunen müssten im Gegenzug unter anderem das Bildungspaket für arme Kinder zahlen und im Streit um die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger nachgeben.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund nannte das Angebot jedoch "nicht akzeptabel". Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte laut "Leipziger Volkszeitung": Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "hat bereits im November angeboten, dass der Bund die Grundsicherung übernimmt." Die Kosten des Bildungspakets müssten extra erstattet werden.
Streitpunkt Regelsatz
Streit gab es zudem weiter über die Höhe des Hartz-Regelsatzes. SPD und Grüne fordern, die Berechnungsweise zu ändern, was auf eine stärkere Erhöhung hinausliefe - auf 370 statt 364 Euro. Die Linke kritisierte, dass sich SPD und Grüne auf sechs Euro zusätzliche Erhöhung einlassen würden. Nötig sei ein Satz von mindestens 500 Euro.
Auch die Forderung nach gleichem Lohn für Zeitarbeiter bereitete den Unterhändlern Probleme. SPD-Vize Manuela Schwesig kritisierte, insbesondere die FDP poche auf eine Frist von neun Monaten, bis Zeitarbeiter den gleichen Lohn bekommen sollen wie die Stammbelegschaft. Dies sei "nicht akzeptabel".
Die CSU signalisierte hier aber Entgegenkommen. "Wir sind da weiter gesprächsbereit", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der Nachrichtenagentur dapd.
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