Nullkürzungen bei Hartz-IV abschaffen!

Neue Zeiten Denken - Hartz IV - Sozial geächtet - NOKZEIT | NOKZEIT:


FrankHeuss40 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland leben überwiegend von sozialen Leistungen (vgl.www.buecher.de/shop/fachbuecher/der-deutsche-sozialstaat/schmidt-manfred-g-/products_p
roducts/detail/prod_id/35320112/). Ich selbst konnte die Zahl erst gar nicht glauben – trotzdem erscheint sie auf den zweiten Blick realistischer: Soziale Leistungen in Deutschland sind sehr ausdifferenziert – letztlich sind z.B. BAFöG-Leistungen der Studierenden genauso Sozialleistungen wie das sog. Hartz-IV (ALG 2) der Erwerbslosen. An letztere denkt man aber spontan und dort greift die Komponente der sozialen Ächtung am meisten. Nicht selten schmerzt genau das die Betroffenen weit mehr als die Tatsache, dass sie sich mit dem Regelsatz von monatlich 374 Euro im täglichen Leben sehr einschränken müssen – viele beantragen (aufstockende) Leistungen deswegen erst gar nicht, obwohl sie Anspruch darauf hätten.
Betroffenen wird Faulheit unterstellt – sie sind das regelmäßige Opfer der Boulevard-Medien und letztlich derer, die genau daraus ihre „Informationen“ beziehen. Die BILD-Zeitung etwa schaltet  in unregelmäßigen Abständen ihre Serie „Deutschlands frechster Arbeitsloser“ in der ein besonderer „Härtefall“ eines Arbeitslosen zur Schau gestellt wird, der zur Verkörperung einer ganzen gesellschaftlichen Gruppierung werden soll. Es ist ein Interesse der „oberen Zehntausend“, dass die Mehrheit der „kleinen Leute“ sich nicht zu einig wird – dafür müssen sie gegeneinander ausgespielt werden, was insbesondere durch die Medienmacht meistens auch gut gelingt.
Es war allerdings ein Kanzler der SPD, der zum Wegbereiter der neoliberalen Zeitenwende im Land wurde. Noch heute steht aus dieser Ära etwa im Gesetz, dass Leistungsbezieher, sofern sie arbeitsfähig sind, jede zumutbare Arbeit annehmen müssen – egal, ob sie (un-) anständig bezahlt ist oder ob sie ihrer Qualifikation entspricht. „Zumutbar“ ist praktisch alles – es entscheiden in Ermessensausübung meist lediglich beruflich ausgebildete, nicht studierte Sachbearbeiter/innen der Arge/. Möglich ist es sogar, Menschen die Leistungen ganz zu streichen, wenn sie sich nicht an die Pflichten halten, die vorher durch aufgezwungenen (Arbeitsmarkt-Eingliederungs-) Vertrag festgelegt wurden – und das obwohl sie weiterhin hilfsbedürftig sind!
Auf diesem Wege entsteht faktisch mittelbare Zwangsarbeit, welche.... (http://nyc.de/US0KTL)
m.E. nach auch von Deutschland ratifiziertem ILO-Übereinkommen (www.ilo.org/ilolex/german/docs/gc029.htm) völkerrechtswidrig ist und gleichsam Arbeit zu Dumping-Löhnen fördert. Die gesamte Hartz-Praxis steht mit dem Sozialstaatsgebot der Verfassung nicht in Einklang – selbst die Rechtsprechung lässt das immer mehr durchblicken, zumindest, wenn minderjährige Kinder tangiert sind.
Die ständig steigende Zahl der von den Argen verhängten Sanktionen gegen Leistungsbezieher nach dem SGB-II,  viele rechtswidrige Bescheide und daraus folgende Klagewellen sowie die ebenfalls als Folge des Überdrucks im Kessel immer häufiger werdenden tätlichen Übergriffen von Arbeitssuchenden auf die Fallmanager in den Jobcenter zeigen, dass mehr falsch als richtig läuft im System Hartz-IV. Ich hatte eine solche Entwicklung meiner Partei, der SPD, um 2003 im Zusammenhang mit der von mir abgelehnten Agenda 2010 gebetsmühlenartig vorhergesagt – es hat nur wenige interessiert.
Nach meiner festen Überzeugung darf es in Deutschland als einem der reichsten Länder der Erde nicht möglich sein, Bürgern, die hilfsbedürftig sind, die Leistungen auf Null zu kürzen!
Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich soll in dem, was über die existenzielle Grundversorgung hinausgeht, differenziert werden zwischen denen, die sich um Arbeit bemühen und solchen, die das nicht tun – aber essen, trinken, wohnen mit Strom und Wasser, heizen, Müll abführen und krankenversichert sein muss man auch dann, wenn man nicht arbeitet. Niemand lebt wirklich „gut“ auf Kosten des Sozialstaats – kein normaler Mensch will so leben!
Deshalb wäre die Abschaffung des Hartz-IV-Sanktionskatalogs eine der ersten, leider oft ausgeblendeten Aufgaben, die eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung im kommenden Jahr dringend erledigen müsste, wollte man eine der schwersten gesetzlichen Verfehlungen im Sozialsystem des Landes beseitigen und mit der Tilgung eigener politischer Schuld beginnen!

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