Arbeitsloser fordert Hartz-IV-System heraus: Querulant oder Querdenker?

Arbeitsloser fordert Hartz-IV-System heraus: Querulant oder Querdenker? - n-tv.de:

Jobcenter-Mitarbeiter sanktionieren, sie prüfen nicht

Tatsächlich sorgen meist die Schwächen der Jobcenter für den großen Erfolg der Hartz-IV-Klagen vor Sozialgerichten. Dabei spielt vor allem der Kostendruck eine entscheidende Rolle. Am besten illustrieren das die Meldepflichtverletzungen, die laut dem Rechtsanwalt Imanuel Schulz besonders häufig sind.
An Berliner Sozialgerichten gingen seit Einführung der Hartz-IV-Gesetze mehr als 170.000 Klagen gegen Sanktionen einen.
An Berliner Sozialgerichten gingen seit Einführung der Hartz-IV-Gesetze mehr als 170.000 Klagen gegen Sanktionen einen.(Foto: picture alliance / dpa)
Kommt ein Hartz-IV-Empfänger nicht zu einem Termin mit seinem Jobvermittler, droht der ihm mit Sanktionen. Die Einladung zu Terminen versendet das Jobcenter nicht als Einschreiben, sondern als gewöhnlichen Brief mit der Post - das spart ein paar Cent. Allerdings besteht so kein Nachweis, ob ein Hartz-IV-Empfänger das Schreiben bekommen hat oder nicht. Sagt er, er habe das Schreiben nicht erhalten, ist das Jobcenter in der Beweispflicht. Sozialgerichte urteilen in derartigen Fällen laut Schulz, der sich an fünf Standorten in Berlin auf Hartz-IV-Verfahren spezialisiert hat, in der Regel zu Gunsten des Leistungsempfängers. Ob der Fehler hier wirklich beim Jobcenter liegt oder ob manch ein Leistungsempfänger den Kostendruck der Arbeitsagenturen auszunutzen weiß, bleibt dabei offen.
Laut Schulz spielt aber auch die Qualifikation der Mitarbeiter eine große Rolle - und dabei ist zweifelsfrei von den Schwächen der Jobcenter die Rede. Schulz zufolge lehnen die Angestellten teilweise Widersprüche - zum Beispiel gegen Sanktionen wegen abgelehnter Arbeitsangebote, Erstausstattung oder Kosten der Unterkunft - pauschal ab, ohne die Gründe der Hartz-IV-Empfänger genau zu durchleuchten.
Sie prüfen nur nach Aktenlage und berücksichtigen nicht den vom Arbeitslosen vorgetragenen Sachverhalt. Dabei verkennen sie unter anderem ihren Ermessensspielraum und ermitteln nicht, wer bei einem Streit die Beweislast tragen muss. Zum einen, weil die Prüfung Zeit und Geld kosten würde, zum anderen, weil die Angestellten laut Schulz politisch motivierte Anweisungen von der Behördenleitung befolgen müssen und nicht ausreichend geschult wurden. Auf die pauschal abgelehnten Widersprüche folgen dann oft unbegründete Sanktionen.

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