Künftig kein Hartz IV für Selbstständige?

Bundesarbeitsministerium plant offenbar aufstockende Hartz IV-Leistungen für Selbstständige zu streichen

Offenbar plant das Bundesarbeitsministerium ergänzende Hartz IV-Leistungen für Selbstständige und Existenzgründer zu streichen. Erst Ende Mai diesen Jahres erklärte die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU): "Selbständigkeit und der Rest ist Hartz IV - das wird auf Dauer nicht gehen". Von der Streichung der ergänzenden Arbeitslosengeld II-Leistungen wären derzeit rund 125.000 Menschen in Deutschland betroffen.


Selbstständige sollen anscheinend künftig keine oder nur noch zeitlich begrenzte aufstockende Hartz IV Leistungen erhalten. In einem ersten Schritt wurde mit Hilfe der Medien gegen die Betroffenen gehetzt. So zeigte sich die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Mai „besorgt über die steigende Anzahl der selbstständigen Aufstocker.“ Die Zahl der Betroffenen sei seit 2007 bis 2010 um mehr als 50.000 Beziehende auf nunmehr 125.000 gestiegen. Rund 85.000 der Aufstocker würden weniger als 400 Euro monatlich verdienen. Nur 25.000 Aufstocker verdienten bis zu 800 Euro und der Rest etwas mehr. Die Arbeitsvermittler in den Jobcentern würden nunmehr befürchten, dass Selbstständige „bewusst ihr Einkommen herunterrechnen“ und sie nur „auf dem Papier einen Anspruch hätten“. Dazu hatte Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der BA, gegenüber der Süddeutschen Zeitung im Mai erklärt: "Natürlich können Selbständige theoretisch ihr Einkommen so gestalten, dass sie in der Hilfebedürftigkeit verbleiben." Alt forderte gegenüber der Zeitung „staatliche Grundsicherungsleistungen für Selbstständige zeitlich zu begrenzen“.


Streichung würde gegen das Grundgesetz verstoßen

Fraglich bleibt aber, ob die schwarz-gelbe Bundesregierung in der Lage sein wird, eine solche Gesetzesänderung verfassungsgemäß umzusetzen. Denn das Grundgesetz ist zum einen die „Freiheit der Berufsausübung“ verankert und zum anderen...
der „Anspruch auf eine Grundsicherung“. Die Vergangenheit zeigte aber, dass die wechselnden Regierungen kaum Wert darauf legten, ob das Grundgesetz mit den „Reformen“ beschnitten wird. Betroffenen wird also der Weg zum Bundesverfassungsgericht nicht erspart bleiben. Bis das oberste Verfassungsgericht der rechtswidrigen Praxis einen Riegel vorschiebt, werden wieder Jahre vergehen. Daher ist es wichtig, schon heute einen Gegendruck aufzubauen, damit die Bundesregierung mit ihrem Vorhaben nicht durchkommt.

Auftragsstudie mit gewünschten Ergebnissen

In einem zweiten Schritt gab die Bundesregierung eine Studie beim Institut für Mittelstandforschung (IfM) in Auftrag. Die Auftragsstudie kam zu dem „gewünschten Ergebnis“, „aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Gewährung der Grundsicherung für Selbstständige kritisch“.

Ursula von der Leyen erklärte daraufhin in einem PR-Video: „Wenn man nur eine Selbstständigkeit hat, die unter 400 Euro Ertrag bringt, dann muss man aber im Alltag auch von etwas anderem leben — und da müssen wir uns gemeinsam die Frage stellen, stimmt dieses Geschäftsmodell. Denn die Rechnung, ich hab 300 oder 400 Euro aus meiner Selbständigkeit und der Rest ist Hartz IV — das wird auf die Dauer nicht gehen, das wird dann auch bei der Rente nicht reichen. Hier möchte ich nur in die Diskussion werfen, dass wir im Augenblick eine Million offene Stellen auf dem Arbeitsmarkt haben...“

Die Diffamierungskampagne von Selbstständigen in den Medien durch die Bundesagentur für Arbeit, dem Arbeitsministerium und der zusätzlichen staatlich finanzierten Auftragsstudie des Instituts für Mittelstandforschung deuten stark daraufhin, dass im Bundesarbeitsministerium bereits eifrig an einer Gesetzesnovelle arbeitet, um Selbstständigen ihre Existenzgrundlage durch die Streichung von Hartz IV zu entziehen. (sb)


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