Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum


Kein Geld fürs Pflege-Praktikum


"Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum" das fordert aktuell BA-Vorstand Heinrich Alt (BZ vom 20 November 2011). Begründung: Langzeitarbeitslose sollen so prüfen können, ob der Pflegeberuf etwas für sie ist. Geld gibt´s für das Praktikum aber nicht.

Stichwort unbezahlten Praktika

Seit 2003 (Az. 6 AZR564/ 01) geht das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner ständigen Rechtsprechung gegen unbezahlte Praktika vor, da diese sitten- und rechtswidrig sind. Ob es sich tatsächlich um ein Praktikum handelt, welches der Ausbildung dienen muss, oder um ein verdecktes Arbeitsverhältnis, ist lt. Rechtsprechung des BAG nur für die Höhe der Bezahlung entscheidend, denn generell besteht für geleistete Arbeit immer ein Vergütungsanspruch. Immer mehr Betroffene wehren sich erfolgreich gegen solch unverhohlene Ausbeuterpraxis und klagen ihre Vergütung ein. Für Arbeitgeber ist es deshalb zunehmend riskant geworden, von Bewerber auf vermeintliche Jobangebote unbezahlte Praktika zu fordern.

Arbeitslose als kostenlose Leiharbeiter

Durch eine geschickte Auslegung des SGB II und III umgehen Arbeitsämter und Jobcenter diese Rechtsprechung des BAG und fördern dabei gezielt rechtswidrige unbezahlte Praktika. Missbraucht werden
dabei die Festlegungen in § 46 SGB III und § 16 SGB II, danach können Arbeitsämter und Jobcenter im Rahmen einer sog. Eignungsfeststellung Arbeitslose für bis zu 8 Wochen einem Arbeitgeber zuweisen, für den die Betroffenen dann in dieser Zeit umsonst arbeiten müssen. Lohn erhalten sie dafür keinen, auch keine Aufwandsentschädigung, nur ihr Arbeitslosengeld oder Hartz IV wird weiter gezahlt.

Erwerbslose haben kaum eine Möglichkeit, sich gegen eine solche Zuweisung zu wehren, da sie offiziell im Rahmen einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung mit dem Ziel der (vermeintlichen) Anbahnung eines Arbeitsvertrages erfolgt, zu dem es in der überwiegenden Mehrzahl jedoch nie kommt. De facto werden Arbeitslose von Arbeitsämtern und Jobcentern dabei als kostenlose Leiharbeiter an Arbeitgeber ausgeliehen und müssen dort die gleichen Tätigkeiten ausführen, wie Festangestellte. Kommen die Betroffenen der Zuweisung nicht nach, oder erfüllen sie die Arbeitsaufgaben, die ihnen der Arbeitgeber stellt, nach dessen Meinung nur unzureichend, droht Hartz IV Empfängern eine harte Sanktion nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II, wo ihnen für 3 Monate 30%, bei unter 25-jährigen sogar 100 Prozent ihrer ALG II Regelleistung gestrichen wird. ALG I Empfängern droht eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 oder 4 SGB III, die sie in den Hartz IV Bezug zwingt, wobei sie dort nochmal, dann nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, wie schon o.g. sanktioniert werden.

Kein Wunder, das Arbeitgeber dies vermehrt schamlos ausnutzen, um unter dem Deckmantel eines vermeintlich zu besetzenden Arbeitsplatzes Personalengpässe zu überbrücken. Hierbei kann man nur von einer ungeheuren Schweinerei sprechen. Dies zeigt einmal mehr, dass Arbeitslose in unserem Land keinerlei Rechte mehr haben. Dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) nun sogar öffentlich zu unbezahlten Praktika aufruft, ist ein Skandal! (fm)

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