Ratgeber P-Konto bei Hartz IV & Pfändungsschutzkonto


Sozialleistungen & P-Konto

Wegen der aktuell von den Banken praktizierten rechtswidrigen Handlungsweisen hinsichtlich der Verweigerung der Freigabe von Sozialleistungen sollten Arbeitslose ALG II-Bezieher derzeit lieber auf ein P-Konto verzichten, oder sich für den Empfang der Sozialleistungen ein zweites normales Konto einrichten und sich dort auf den Pfändungsschutz nach § 55 SGB I berufen.
Seit 01 Juli 2010 kann jeder Inhaber eines Girokontos von seiner Bank oder Sparkasse die Umwandlung in ein P-Konto verlangen. Das gilt auch für bereits gepfändete Konten. Der Kontopfändungsschutz beim P-Konto dient der Sicherung einer angemessenen Lebensführung des Schuldners und seiner Unterhaltsberechtigten und soll das bisher beim Amtsgericht dazu erforderliche Verfahren ersetzen und dieses so entlasten.

Automatisch besteht auf dem P-Konto zunächst ein Pfändungsschutz für Guthaben in Höhe des Grundfreibetrages von derzeit 985,15 Euro je Kalendermonat. Dieser Basispfändungsschutz kann unter bestimmten Voraussetzungen erhöht werden, zum Beispiel wegen Unterhaltspflichten des Schuldners: Der Basispfändungsschutz erhöht sich um 370,76 Euro für die erste und um jeweils weitere 206,56 Euro für die zweite bis fünfte Person.

Kindergeld oder bestimmte soziale Leistungen werden zusätzlich geschützt. Folgendes sollte man dazu wissen:
1. Das P-Konto ist nicht für Empfänger von Sozialleistungen gedacht, sondern für Bezieher von Erwerbseinkommen, damit diese keinen Pfändungsschutz mehr beim AG beantragen müssen (Stichwort: Verwaltungsvereinfachung und Gerichtsentlastung). Den Pfändungsschutz für Sozialleistungen gab es ja bereits.

2. Damit die Banken-MA nicht überfordert werden und...

weiterlesen: http://www.gegen-hartz.de
[...] sowohl § 850k ZPO als auch § 55 SGB I beachten müssen, wurde der bisher nur in § 55 SGB I enthaltene Pfändungsschutz für Sozialleistungen ebenfalls in § 850k Abs. 6 ZPO integriert.

3. Damit es zu keiner Gesetzeskonkurrenz kommt, wurde in § 55 Abs. 6 SGB I die Nichtanwendung des § 55 SGB I bei einem P-Konto verankert.

= Sozialleistungen (einschl. KiGe) sind IMMER, egal bei welchem Kontotyp, für die Dauer von 14 Tagen seit ihrer Gutschrift vor einer Pfändung geschützt (entweder nach § 55 SGB I oder § 850k Abs. 6 ZPO).

Das bestätigt das Bundesjustizministerium hier. Ebenso Bundesjustizministerium in seiner FAQ "Das neue Pfändungsschutzkonto" unter 20. Heißt das, auf einem überzogenen P-Konto besteht kein Schutz?
Auf einem gepfändeten Konto, das kein Kontoguthaben aufweist, besteht kein Pfändungsschutz. Allerdings sieht das Gesetz vor, dass auch bei überzogenen P-Konten Sozialleistungen und Kindergeld binnen 14 Tagen für den Berechtigten zur Verfügung stehen. Das entspricht dem Zustand im herkömmlichen Recht. Siehe auch: Gemeinsame Information der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände und der Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft (Zentraler Kreditausschuss) (Seite 5: "Auszahlungspflicht bei Sozialleistungen auch bei Sollsaldo"):

Werden Kindergeld oder Sozialleistungen einem P-Konto gutgeschrieben, so kann der Kontoinhaber innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Gutschrift über diese Beträge auch dann verfügen, wenn das Konto im Soll geführt wird. Das Kreditinstitut darf diese Gutschriften nur mit der Kontoführungsgebühr verrechnen.

Viele Banken ignorieren diesen eigenständigen Schutz von Sozialleistungen jedoch und weigern sich, diese auszuzahlen.
Für solche Fälle rät das Bundesjustizministeriums in einer Stellungnahme Betroffenen, sich an das örtlich zuständige Vollstreckungsgericht bzw. an die Vollstreckungsstelle des öffentlichen Gläubigers (Stadtkasse; Finanzamt) zu wenden und dort die Freigabe von empfangenen Sozialleistungen zu beantragen. Maßgeblich ist hier der eigenständige Schutz von Guthaben aus Sozialleistungen für die Dauer von 14 Tagen seit ihrer Gutschrift nach § 850k Abs. 6 ZPO. Damit soll (analog zu § 55 SGB I) gewährleistet werden, dass Sozialleistungen auch zu dem Zweck genutzt werden können, für den sie gedacht sind (so auch die Gesetzesbegründung in Bt-Dr. 16/12714, Seite 17, 3. Absatz).

Beispiele für die Praxis:
normales Konto, Eingang nur Sozialleistungen:
- Pfändungsschutz für Sozialleistungen (einschl. KiGe) nach § 55 SGB I
= sofern die 14tagesfrist nach § 55 Abs. 1 SGB I abgelaufen ist, darf das Guthaben voll gepfändet werden.

P-Konto, Eingang nur Sozialleistungen:
- Pfändungsschutz für Sozialleistungen (einschl. KiGe) nach § 850k Abs. 6 ZPO
- Pfändungsschutz für Einkommen nach § 850k Abs. 1 ZPO
- Erhöhung des Pfändungsschutz für Einkommen Dritter nach § 850k Abs. 2 ZPO
= sofern die 14tagesfrist nach § 850k Abs. 6 ZPO abgelaufen ist, darf das Guthaben nur bis zum Pfändungsfreibetrag nach § 850k Abs. 1 ZPO, ev. erhöht um die Beträge nach § 850k Abs. 2 ZPO, gepfändet werden.

normales Konto, Eingang nur Erwerbseinkommen:
= das Guthaben darf voll gepfändet werden, zur Begrenzung ist ein Antrag auf Pfändungsschutz beim AG erforderlich.

P-Konto, Eingang nur Erwerbseinkommen:
- Pfändungsschutz für Einkommen nach § 850k Abs. 1 ZPO
- Erhöhung des Pfändungsschutz für Einkommen Dritter nach § 850k Abs. 2 ZPO
= das Guthaben darf nur bis zum Pfändungsfreibetrag nach § 850k Abs. 1 ZPO, ev. erhöht um die Beträge nach § 850k Abs. 2 ZPO, gepfändet werden.

normales Konto, Eingang Sozialleistungen und Erwerbseinkommen:
- Pfändungsschutz für Sozialleistungen (einschl. KiGe) nach § 55 SGB I
= das Guthaben aus Erwerbseinkommen darf sofort voll gepfändet werden,
= Sozialleistungen sind für die Dauer von 14 Tagen unpfändbar, danach darf auch das Guthaben aus Sozialleistungen voll gepfändet werden.

P-Konto, Eingang Sozialleistungen und Erwerbseinkommen:
- Pfändungsschutz für Sozialleistungen (einschl. KiGe) nach § 850k Abs. 6 ZPO
- Pfändungsschutz für Einkommen nach § 850k Abs. 1 ZPO
- Erhöhung des Pfändungsschutz für Einkommen Dritter nach § 850k Abs. 2 ZPO

= das Guthaben aus Erwerbseinkommen darf sofort, aber nur bis zum Freibetrag nach § 850k Abs. 1 (ev. erhöht um Abs. 2) ZPO, gepfändet werden,

= Sozialleistungen sind für die Dauer von 14 Tagen unpfändbar, danach entfällt der eigenständige Pfändungsschutz und das gesamte Kontoguthaben darf bis zum Pfändungsfreibetrag nach § 850k Abs. 1 ZPO, ev. erhöht um die Beträge nach § 850k Abs. 2 ZPO, gepfändet werden.

Sofern also ein Pfändungsschutz nach § 850k Abs. 1 ZPO i.H.v. 985€ besteht, man Erwerbseinkommen i.H.v. 1500€ erhält und Sozialleistungen i.H.v. 500€ erhält, kann man die Sozialleistungen innerhalb von 14 Tagen nach ihrer Gutschrift in voller Höhe abheben, da sie nach § 850k Abs. 6 ZPO eigenständig geschützt sind. Das Erwerbseinkommen darf man nur i.H.v. 985€ abheben, da für dieses der Pfändungsschutz/-freibetrag nach § 850k Abs. 1 ZPO gilt. Angenommen man belässt beides auf dem Konto, entfällt nach 14 Tagen der eigenständige Schutz für Sozialleistungen. Das Guthaben aus Sozialleistungen unterliegt dann, zusammen mit dem aus Erwerbseinkommen, nur noch dem Pfändungsschutz nach § 850k Abs. 1 ZPO i.H.v. 985€, d.h. man kann nur noch 985€ abheben. (fm aus unserem Hartz IV Forum)

Kommentare

  1. Ein sehr informativer Artikel, zu einem schon sehr wichtigem Thema. Da kann man doch einiges neues erfahren.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen