JOHANNES PONADER: Welche Arbeit ist Prostituierten zumutbar und wie viel davon?

Ein Pirat zieht sich zurück: Ich gehe: Mein Rücktritt vom Amt - Feuilleton - FAZ:
Von JOHANNES PONADER


[...] Welche Arbeit ist Prostituierten zumutbar und wie viel davon?

Dass die Jobcenter sich nicht an die Vorschriften halten, die für ihren Bereich gelten, ist an der Tagesordnung. Die Mitarbeiter sind oftmals auf Grund der vielen Änderungen überfordert. Zudem werden sie unter enormen Druck gesetzt. Morgens müssen sie sich erst Videobotschaften aus Nürnberg ansehen, bevor sie sich in ihre Rechner einloggen können - ein Abbruch oder Vorspulen ist nicht möglich. Wer die Quoten nicht erfüllt, fliegt raus, und kann sich ein halbes Jahr später auf der anderen Seite des Schreibtisches wiederfinden. Die Sozialgerichte platzen vor Klagen, die Wartezeiten auf Gerichtstermine sind lang. Gut die Hälfte der Klagen ist erfolgreich. Es handelt sich also beileibe nicht um Querulanten, sondern um Menschen, die für ihre Rechte einstehen.

Die Jobcenter teilen ihre Kunden in mehrere Kohorten ein: arbeitsmarktnah, arbeitsmarktfern, nicht vermittelbar. Doch es gibt auch eine inoffizielle Kategorie: Kunden, die ihre Rechte kennen. Sie kommen oft zu zweit aufs Amt, begleiten sich gegenseitig. Insider berichten, das seien etwa zwei Prozent der Kunden. „Wären es fünf bis zehn Prozent“, so ein Insider, „könnten wir einpacken“.

[...] Freiwild für das Jobcenter
Die Mitarbeiter sollen unterstützen und gleichzeitig entscheiden sie über die weitere Förderung eines Kunden. Selten sind sie Kenner der Branchen, bis heute sind die Jobcenter organisiert wie Einwohnermeldeämter: Die Kunden werden nach Alphabet zugeteilt. Je spezifischer das Berufsfeld, um so weniger können die Mitarbeiter kompetente Unterstützung anbieten. Warum nicht ein Mitarbeiter die Selbständigen betreut, einer die Künstler, einer die Handwerker - man weiß es nicht.

Grundsätzlich ist jede Arbeit zumutbar. Wenn mich ein rechtsextremistisches Magazin auffordert, dort einen Artikel zu veröffentlichen, muss ich das theoretisch annehmen. Am krudesten zeigt sich die Logik im Umgang mit Prostituierten. Die entsprechende Anordnung legt fest, dass Prostituierte nicht zur Ausübung der Prostitution gezwungen werden dürfen, wenn sie der Prostitution grundsätzlich nicht mehr nachgehen wollen. Im Umkehrschluss heißt das: Möchte jemand der Prostitution zeitweise selbstbestimmt nachgehen, wird er für das Jobcenter zum Freiwild, es sei denn, er begeht Sozialbetrug.

FAZ-Feuilleton Textauszug:Ein Pirat zieht sich zurückIch gehe: Mein Rücktritt vom Amt

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