Offener Brief - Die Tafeln betreffend: Weil mein Gewissen es mir befiehlt

Austrittserklärung Bundesverband Deutsche Tafel e.V.

Ein offener Brandbrief an alle Verantwortlichen – mit der (Ohn)Macht des Wortes


Quelle:Mut und Demut http://nyc.de/I89LjB

Sehr geehrte Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel
Sehr geehrte Familienministerin, Frau Dr. Kristina Schröder,
sehr geehrte Arbeitsministerin, Frau Dr. Ursula von der Leyen,
sehr geehrter Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tafel, Herr Gerd Häuser
sehr geehrte Damen und Herren der evangelischen Familienbildung Main-Taunus
mit diesem Brief erkläre ich meinen offiziellen Austritt aus dem Bundesverband Deutsche Tafel e.V. und somit als aktives Mitglied der Schwalbacher Tafel in meiner Kommune.
Ich tue dies insbesondere hier mit Fingerzeig auf die Bundesregierung bei gleichzeitiger Information an die Öffentlichkeit, weil ich mit meiner nachfolgenden Begründung das Tafelgeschäft für eine des Menschen unwürdige Einrichtung halte, und die Tätigkeit darüber hinaus für mich persönlich seelisch nicht verkraftbar ist. Es ist mit meinem Gewissen nicht länger vereinbar, einen aus wirtschaftspolitisch subversiven Energien erzeugten Mangel zu unterstützen. Es ist absolut nicht einzusehen, ...
dass die TafelhelferInnen darüber richten (sollen), wem wie viel zusteht. Damit wird die Verantwortung von der Politik einfach an die – zu allem Überdruss – auch noch ehrenamtlich Arbeitenden abgegeben. Ebenso viel Verantwortung wünscht man sich auch einmal, wenn es um wichtige Entscheidungen für das Land geht (z.B. bundesweiter Volksentscheid, über die Einführung des Euro oder die Wahl des Bundespräsidenten durch das Volk – sofern dieses Amt überhaupt noch gerechtfertigt ist).
Indessen müssen selbige blitzschnell sowie mit starkem Nervenkostüm entscheiden, wem sie wie viel geben dürfen. Dies sowie die gesamte Logistik mit all ihren Hygienevorschriften vom Transport, Aus- und Einsortierarbeiten, Zwischenlagerung unter Beachtung der Kühlkette, und nicht zuletzt die „gerechte“ Verteilung an den Ausgabetagen, erfordert de facto weit mehr Dispositionsgeschick und „Verkaufstalent“ als eine Supermarktangestellte (ohne diese Tätigkeit abwerten zu wollen) an der Kasse. Und das alles für Lau.
Da hätte Jesus zum ersten Mal den Finger gehoben…
Selbstverständlich zeugt der ganz persönliche Einsatz aller Tafelmitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter dem Aspekt menschlicher Hilfsbereitschaft und sozialem Verantwortungsgefühl von einem durchweg humanen Vorbildcharakter von dessen Pflichtgefühl auch ich mich anfangs habe inspirieren lassen. Doch spätestens zu dem Zeitpunkt, als ich vor einigen Wochen nach längerer Passivität, wieder ersatzweise eingesprungen bin und die lange Menschenschlange sah, fiel es mir (wie in der biblischen Apostelgeschichte) wie Schuppen von den Augen. Auf einmal `sah` ich, wie falsch diese augenscheinlich so soziale Tat in Wahrheit ist. Wäre die Armut durch eine Naturkatastrophe entstanden, hätte sie meine volle Unterstützung und Rechtfertigung. Doch diese regelrechte Ausgrenzung aus der Bürgermitte ist nicht durch höhere Gewalt entstanden, sondern ist eine durch menschliche Willkür unter geradezu teuflischen Attributen heraufbeschworene und damit selbst inszenierte Tragödie. Erinnerungen an Bilder vergangener Zeiten waren wieder präsent.
Aus diesem Grund ist dieser Brief mehr als bloß eine Austrittserklärung wie aus einem Sportverein. Mit dieser meiner erworbenen Innenansicht dieses zweifelhaften, da überflüssigen, „Gewerbes“ ist daher als offizielle Kritik an die Verantwortlichen der aktuellen Bundesregierung gerichtet, um ihr gegenüber meine Missbilligung über die Fortführung der aus der Rot/Grünen Bundesregierung entstandene Hartz IV-Gesetzgebung Ausdruck zu verleihen. Denn diese unselige und unrechtmäßige Diskriminierung von sozial schwach gewordenen Menschen schreit zum Himmel – und zwar gotterbärmlich.
An die Verantwortlichen der Bundesregierung
Neben der Bundeskanzlerin steht hier stellvertretend aber mitverantwortlich das Ministerium für Familie und das für Arbeit im Vordergrund. Zunächst wende ich mich an Sie, Frau Dr. Schröder, und frage mich, wie eine Ministerin für Familie eine Schirmherrschaft über etwas übernehmen kann, dessen Einrichtung eine Familienplanung geradezu den Boden entzieht (bei gleichzeitigem Beklagen des Bevölkerungsrückganges) und damit von vorn herein ad absurdum führt. Denn als Familienministerin müssten Sie genau diese mutierte Form jener unsozialen Parallelgesellschaft zu verhindern versuchen, anstatt sich mit dieser scheinheiligen Geste sozusagen selbst die Absolution für Ihr politisches Versagen zu erteilen. Diese Ihre Verwechslung von Ursache und Wirkung ist von gleichem Zynismus geprägt, wie die von den unterschiedlichsten Sponsoren, welche ihr „gutes  (Tafel)Herz“ in ihre Werbeprospekte mit einpflanzen, obwohl deren MitarbeiterInnen selbst teilweise im Niedriglohnsektor arbeiten müssen und somit auch zur Tafel getrieben werden, weil sie sich sozusagen die Brötchen ihres „eigenen Brötchengebers“ nicht leisten können. Willkommen in Absurdistan.
…bekäme nun einen dicken Hals …
Auch Sie, Frau von der Leyen müssten als Arbeitministerin alle politischen Hebel in Bewegung setzen und das unsägliche Hartz IV-Konzept genauso verbieten wie der Hitlergruß, weil ich zwischen den Begriffen Hartz IV-Gesetz und Ermächtigungsgesetz als erstes erkenne, dass beide Wörter unterschiedlich lang sind. Denn was sich unter der Hartz IVGesetzgebung für Abgründe auftun, bzw. in welcher Form die durch Arbeitslosigkeit schuldlos in diesen Abwärtsstrudel hineingeraten sind, erinnert schon wieder an fast vergessene Praktiken `ganz schlechter deutscher Geschichte`. Ich erinnere hier noch einmal an meinen (ähnlichen) an Sie gerichteten offenen Brief vom 18.08.2009 als Sie noch Familienministerin – und damit Schirmherrin der Tafel – waren, auf den Sie aber, wie zu erwarten, nicht eingegangen sind. Zurück zur Gegenwart. Den letzten Meldungen der BA vom 29.12.2011 zufolge, gerät inzwischen jeder 4. Arbeitslose sofort unter ALGII- Bezug, weil u. a. das ALGI aus dem Niedriglohnsektor (da sehr oft Zeitarbeiter oder/und befristet eingestellt) nicht mehr zum Leben reicht. Anstatt sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen (s. Anhang) einzusetzen, das nicht nur dem menschlichen sowie gesetzlichen Grundrecht nach Art. 2, GG entspricht, sondern darüber hinaus sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vollkommen neue und  flexible Gestaltungsspielräume eröffnen (s. meine „Regierungserklärung“ auf meiner Homepagewww.mut-und-demut. npage.de) ohne ins finanzielle Desaster abzugleiten, beteiligen Sie sich (und nahezu alle Parlamentarier) mit geradezu wilhelminischer Gangart an einem Komplott gegen ausgerechnet die Menschen, von denen Sie – mit seichter Wahlpropaganda – Ihr Vertrauen geschenkt haben – oder besser – erschleichen wollen. Das ist nicht minder absurd, und klingt für uns so, als wollten Sie  sich den Ausdruck vom ehemaligen König Friedrich Wilhelm IV zu Eigen machen: „das Volk ist mir zum Kotzen.“ Willkommen im Zeitalter des Absolutismus.
Wer dann noch mit ansehen muss, wie Sie sich (wie alle Parlamentarier incl. Bundespräsident) ihre so genannten Diäten – durch unsere Steuergelder wohlgemerkt – willkürlich selbst erhöhen, obwohl in der Bevölkerung der Warenkorb leerer wird; wer beobachten kann, wie Sie sich selbst kündigen dürfen, ohne dass Ihnen daraus gravierende finanzielle Nachteile entstehen; wer zusehen muss, wie Sie sich mit allerlei Privilegien schmücken, während Sie den Bürgern die Grundbedürfnisse in Frage stellen, der muss nicht nur einen Gerechtigkeitskollaps bekommen, sondern kann über Ihre gesellschaftliche Wahrnehmungsfähigkeit mit Hang zum Realitätsverlust genauso nur spekulieren wie Sie mit unserer Geduld mit Ihnen.
So schick es für die so genannten Volksvertreter mit ihren machtneurotischen Anwandlungen auch sein mag, sich medienwirksam im Lichte der Öffentlichkeit mit ihren parlamentarischen Balzorgien und Zickenkriegen selbst zu gefallen (Ein Verhalten übrigens, das mich an jemand erinnert, der verzweifelt versucht seine Suppe mit der Gabel zu essen und gar nicht bemerkt, dass der Teller leer ist). Wenn aber das Resultat daraus Hunger und Armut für immer größer werdende Bevölkerungsteile bedeutet, dann hört hier mit dem Versuch der Massenverblödung der Spaß auf. Denn trotz der statistischen Schönrechnung über die Abnahme der Arbeitslosenzahl, verzeichnen die Tafeln eine stetige Zunahme ihrer Kunden. Leider nennen nicht alle Medien in ihren Berichterstattungen das Kind auch gleichzeitig beim Zunamen.
….und würde hier vor Wut einen Stuhl zertrümmern.
Das „neue deutsche Willkürgesetz“
– Oder: Hartz IV-Gesetz bricht Strafgesetz und Grundgesetz
Arbeitsentzug und gleichzeitige Gefangenschaft im ALGII- Bezug (um die Langzeit- Arbeitsaufnahme auf dem ersten Arbeitsmarkt nahezu unmöglich zu machen), ist das Gleiche als für ein einziges Delikt zweimal bestraft zu werden – und wäre allein aus diesem Grund schon nach dem Strafgesetzbuch nicht zulässig.
Anhand dieser Diskriminierung unter der Hartz IV-Gesetzgebung wird die nach Art. 1 des GG manifestierte Menschenwürde ausgehebelt und die Betroffenen durch eine geradezu machiavellistisch maßlose Staatsraison als vogelfrei erklärt. Die Aufkündigung der Freiheitsrechte mit einhergehendem Psychoterror unter Einsatz von staatlich verordneten Folterinstrumenten (wie Sanktionierung von Leistungsbezug bei Verweigerung von „Frondiensten“) erweitert sich im Rahmen von ALGII- Bezug durch die Umgehung der Art. 2,6,11,12,13 und 19 des GG. Diese Praxis macht selbst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der (Vollstreckungs)Behörden von Agentur und Kommune  Angst, weil sie oft auch nur befristet eingesetzt sind und sich daher bald selbst sozusagen gegenübersitzen – und weil es keine Freude für sie sein wird, wenn  das schlummernde „Es“ der Kunden das „Ich“ über das „Über Ich“ dirigiert. Die Auflistung der o. g. Artikel habe ich dem Brandbrief von Ralph Boes (vom Juni 2011- s. www.grundrechte-brandbrief.de), der u. a. an Sie, Frau Bundeskanzlerin und an Sie, Frau von der Leyen, gerichtet ist, entnommen, und kann hier in allen seinen detaillierten  Begründungen über o. g. Homepage nachgelesen und mit unterzeichnet werden.
Wer sich also vom Volk wählen lässt, um sich mittels staatlicher Willkür an den selbst geschaffenen Grundrechten des Menschen vergeht, hat in einer wahrhaften Demokratie nach Artikel 1 des GG schlichtweg nichts zu suchen – basta.
An uns Bürgerinnen und Bürger
Wir, das deutsche Volk, werden uns das (träge und untertänig wie wir nun einmal sind) vielleicht noch eine Weile ansehen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht geht auch auf einmal alles ganz schnell – und wir bilden wieder eine Meute. Das wäre die friedliche Variante. Es gibt aber auch – wieder – andere Tendenzen.
Wir Deutschen zeichnen uns aus, ständig vom einen Extrem ins nächste zu verfallen. Während wir noch im Sommer 2006 die ganze Welt umarmen und jedem Einzelnen einen dicken Kuss auf die Backe schmettern wollten, braucht es ein paar Jährchen später wieder nur wieder ein paar schneidige Auftritte von `blendenden` Politikern mit affektierter Posse sowie ein „literarischer Bestseller“ mittelmäßig recherchierter Fakten aus der ewig braunen Schmuddelkiste, und schon hat man wieder eine Schar lernresistenter „Rückenmarkdenker“ aus der stillen Reserve gelockt. Selbst der phantasieloseste Zeitgenosse braucht sein Vorstellungsvermögen nicht überzustrapazieren, um zu erahnen was passiert, wenn die „Superstars“ des politischen und ökonomischen Vabanquespiels ihre letzte Kredit-Karte verzockt haben. Die IWF-Chefin, Frau Chr. Lagarde, hat für das Jahr 2012 bereits die ersten Bedenken (Politiker- und Expertenprognosen hin, Fiskalunion her) geäußert; und Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben in Ihrer Neujahrsansprache sozusagen mit der gleichen Spucke ins selbe Horn geblasen, nach dem „geflügelten“ Zitat: „Leute kauft Kämme, denn es kommen lausige Zeiten.“ Dabei schafft sich Deutschland eher durch seine lausigen Dilettanten ab, als durch alle Nichtdeutschen, von denen die allermeisten zu unserem Wohlstand beitragen.
An der Wurzel allen Übels – oder: aus der Armut über den Terror zum Krieg
Frustrierte und arme (Staats)BügerInnen sind immer das Ergebnis schwacher (Staats)Führungskräfte. MitarbeiterInnen im Betrieb können niemals gute Arbeit verrichten, wenn ihr Engagement nicht gewürdigt und entsprechend vergütet wird, oder anders formuliert, wenn die Arbeitnehmer nur mit der negativen Energie der Einschüchterung „aufgeladen“ werden. Ebenso wenig kann ein guter Staatsbürger heranreifen, wenn sein gesellschaftlicher Nutzen sowie (direktdemokratische) politische Mitgestaltung und Mitverantwortung nicht von Beginn an auf allen Ebenen gefördert, sondern wie zur Zeit, willkürlich blockiert wird. Für sie alle hat das Leben nur noch die Qualität eines nach Futter hechelnden triebgesteuerten Herdentieres. Sie „sterben“ (manchmal auch im Wortsinne) an Ohnmacht und Verzweiflung und der damit einhergehender Sinnlosigkeit ihres Daseins. Für sie ist der Tod nur noch die Erlösung von einer durch uns selbst erzeugten schuldbeladenen Welt.
Schlimmer noch (zumindest für die Lebenswilligen) als der Tod ist jedoch – wie bereits oben angedeutet – die leichte Verführung ausgegrenzter Sozialschwachen für alle erdenklichen Varianten des Extremismus. Zuerst werden die Leute arm (gemacht), dann vor Ausweglosigkeit „blind“, und dann…schlägt Schiller`s Glocke wieder Alarm: Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte, der Feuerzunder still gehäuft…
Hinter vorgehaltener Hand wird die Konsequenz bereits vorformuliert mit: „Das geht solange bis es wieder kracht.“ Sogar in den Medien wird schon über den Demokratieverlust geschrieben. So in der FR vom 31.12.2011 im Leitartikel: „Die Krise der Demokratie“. Und überall werden schon (wieder) Parallelen zur Weimarer Republik mit deren Verfall gezogen.
Sie sind leider berechtigt.
Worüber wir reden (müssen), wenn es „kracht“ – Ein kleiner Exkurs (nicht jugendfrei) Wenn wir das Wort Krieg in den Mund nehmen, klingt das so, als wenn wir über  ein vorübergehendes Tiefdruckgebiet reden. Sogar unser derzeitiger Bundespräsident geht, Medienberichten zufolge, mit derartigen Begrifflichkeiten auch für den Zivilgebrauch grob fahrlässig um. Aber ein richtiger Krieg ist kein Pappenstiel, nicht bloß eine Kabbelei unter zerstrittenen Straßenjungs. Gegenwärtig sehen wir den Kriegsalltag nur in kurzen Fernsehsequenzen, meist in Verbindung von statistischen Zahlen der Verletzten und Toten. Doch in Wahrheit wissen wir nicht über was wir da eigentlich reden. Bei den Verletzten reden wir nicht über eine Schusswunde am Oberarm und bei den Toten nicht über den „sauberen Schuss direkt ins Herz“, wie in den Krimis im Vorabendprogramm; und wir reden auch nicht darüber, dass vorübergehend mal der Strom ausfällt. Der wirkliche Krieg ist so schmutzig, dass er auch nicht durch  alle Regentropfen und Tränen der Welt seine dreckige Fratze rein gewaschen bekommt. Hier reden wir über zerrissene Körper, umher fliegende Körperteile, denen die Opfer im nächsten Moment noch selbst staunend hinter hersehen, bevor sie begreifen, dass es ihre eigenen sind. Wir reden von den herzzerreißenden Schreien derer, die ungläubig und fasziniert zugleich sind, von dem Anblick, wie ihre Gedärme aus ihren aufgeplatzten Bäuchen langsam aber unaufhaltsam herausschlingern, während die
herbeigeeilten Kameraden hilflos versuchen, sie wieder hineinzustopfen, obwohl sie wissen, dass dies niemals gelingen kann. Wir reden über Geschosse, die keine Rücksicht nehmen, ob in den verstümmelten Körpern bereits neues Leben enthalten ist, das hier, ohne heranreifen zu dürfen, jäh abgewürgt wird – und das vielleicht sogar zu beneiden ist. Es sind die Momente, in denen man sich wünscht nicht geboren zu sein und gleichzeitig bereut, jemals auch nur ein Kind gezeugt zu haben. Um welche Tragödien es auch immer geht. Was für die Überlebenden bleibt, ist der lebenslange „Tinnitus“ der niemals verklingenden Schreie sterbender Menschen um sie herum. Denn längst nicht alle Wunden heilt die Zeit – und schon gar nicht ohne Narben zu hinterlassen. Sie bleiben ihr restliches Leben traumatisiert.
So schwer es mir fällt, diese Bilder hier zu zeichnen, so wichtig war es aber für mich andererseits, gar keine „Kriegsromantik“ erst aufkeimen zu lassen, mit deren falschen Vorstellung von Krieg immer die Motivation schmackhaft gemacht wurde. Selbst der sensationshungrigste und abenteuerlustigste Kriegsberichterstatter wird eher seine Kamera voll gekotzt haben, bevor er den Auslöser auch nur finden. Es soll sich auch niemand von den Neureichen der Illusion hingeben, dass es bei einem solchen Szenario irgendwo auf unserem Planeten eine Insel gibt (von den Nobelvierteln der Großstädte ganz zu schweigen), welche nicht von den Auswirkungen betroffen sein wird. Denn die Brandherde brodeln bereits auf wirklich allen Kontinenten.
Der Status quo
Überall auf der Welt sind die Nochbeschäftigten einem gnadenlosen Erfolgszwang hauptsächlich durch den immensen Zeitdruck ausgesetzt. Die Konsequenz bei   Schwäche und Untauglichkeit ist die unbarmherzige Ausgrenzung nach geradezu darwinistischem Ausleseprinzip.
Ein hektisches Treiben von 99% der unter teilweise unmenschlichen Bedingungen arbeitenden Massen für den kurzfristigen Erfolg für 1% Finanzjongleure, führt zu einem in jeder Hinsicht (über)lebensfeindlichem Endergebnis. Denn Hektik ist die Tochter der Fluchtreflexe und die Mutter der Selbstzerstörung – und daher kontraproduktiv für die Aufrechterhaltung eines intakten Systems, welches wir Wirtschaftskreislauf nennen. Diese aktuelle negative Energie kann nur wieder durch lobbyneutrales gesamtgesellschaftliches Gegensteuern in die positive Energie der Teilhabe umgewandelt werden, bevor die Büchse der Pandora den Deckel sprengt und alles Unheil  wieder entweichen lässt. Denn eine Menschheit die sich selbst zerstört braucht auch keine Kinder mehr. Umso weniger, wenn unsere Hoffnung nur mit der eigenen  Altersicherung einhergeht, obwohl wir noch nicht einmal dazu den Kindern die notwendige Voraussetzung schaffen können.
Das in der ganzen Menschheitsgeschichte erstmalige Auftreten von Leistungsstress bereits unter Schulkindern sowie der abnorme Drogenkonsum von Jugendlichen heißt nichts weiter, als dass wir bei ihnen versagt haben; und die mangelhaften Leistungen in Schule und Berufsausbildung stellen nur umso mehr uns selbst ein schlechtes Zeugnis aus. Denn allzu oft lassen wir sie in ihrer sensibelsten und folgenreichsten Lebensphase mit ihren klaren kreativen Ideen alleine, nehmen sie nicht ernst genug und stülpen ihnen lieber unsere „bewährten“ diabolischen Wertvorstellungen über, mit den „geflügelten“ Lebensweisheiten der Borniertheit: „Das war schon immer so“ oder:“ Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“.
Über eines müssen wir uns im Klaren sein: Ein Krieg wird niemals von Machthabern mit ihren Armeen begonnen. Er beginnt mit uns selbst. Von unserem mitverantwortlichen Geschick aus Mut und Demut entscheiden wir von der ersten Stunde an, wer unserer Stimme würdiger ist: dem 1% schlangenfalscher  PR-PolitikerInnen (incl. Präsidenten), oder den 99% intakter Seelen aus unserer Bürgermitte: Wehre den Anfängen (Goethe). Noch einmal:
Wir sind die 99% – und über die Befürchtung, dass wir nur eine herrschende Obrigkeit von 1% brauchen, um uns vor uns selbst zu schützen, sollten wir nach oben beschriebenem Kriegs-Szenario (s. Exkurs) noch mal neu überdenken.
Führen (auf allen Ebenen)heißt, Orientierung gebend vorausgehen, anleiten bei gleichzeitigem mit tun. Führen bedeutet, den Schwachen zu stärken und ihm Gelegenheit geben aus seinen Fehlern zu lernen. Führen heißt, die menschlichen individuellen Potentiale zu erkennen, sie zu fördern und damit das Selbstvertrauen für ein lebensbejahendes Dasein zum nutzen Aller zu stärken. Sich selbst und andere zu motivieren ist das oberste Ziel, unter dem jedes Individuum seine verborgenen schöpferischen Talente entdecken und entwickeln kann. Im Erfolg der Selbstverwirklichung, welche ihre Belohnung in der Anerkennung der Mitmenschen erfährt, liegt der Charme unserer sinnstiftenden Existenz. Führ den „Führer“ ist dies die Bestätigung seiner Führungskompetenz; wohl akzeptierend – und auch wollend –, dass sein Schüler  am Ende besser ist als sein Lehrer. Lehren und sich belehren lassen; Fehler machen dürfen und sie sich gegenseitig verzeihen, ist das Äußerste wozu wir Menschen des Friedens Willen fähig sind und von uns erwarten dürfen – so wie uns Jesus schon immer haben wollte. Ja, was für eine Themenbreite für einen einzigen Tafelaustritt. Aber hier wird, wie bereits angesprochen, die Unfähigkeit aller sich selbst profilierenden Lobbyisten aus Politik und Wirtschaft auf tragische und  besorgniserregende Weise sichtbar. Die Tafel kann somit nicht als humane Einrichtung anerkannt werden, weil sie einen selbstverschuldeten Mangel bedient – wie die Arbeitsverwaltung übrigens auch. Denn wenn man mit künstlichem Geld durch dessen künstliches Verschieben einen künstlichen Mangel erzeugt, der mittels echter Hilfsbereitschaft gesundgebetet werden muss, dann ist das so, als wenn wir den Teufel durch die Vordertür hereinbitten, damit wir unsere Vorstellung von Gott durch die Hintertür in Erscheinung treten lassen können. Das heißt im Klartext, dass wir für die weltlichen Geschicke nur Mensch genug sein müssten, um dem Teufel gar nicht erst Zutritt zu verschaffen. Denn genau von hier wird unsere gemeinsame Zukunft entschieden.
An die Medien
Ich überlasse es dem Mitverantwortungsgefühl und der Weitsicht der Medien (welche von mir mit diesem Schreiben zunehmend informiert werden) inwieweit sie bereit sind, sich – über die alltäglichen Skandalthemen und Angstschürender Horrorszenarien hinaus – für neue und auch bereits vorliegende Konzepte engagierter MitbürgerInnen aus allen Gesellschaftsschichten zu öffnen und darüber berichten. Sicher gibt es noch immer zu viele Menschen, welche die wilhelminische Untertänigkeit als Naturgesetz ansehen, weil sie dahinter die Allmacht Gottes vermuten. Es gibt aber bereits sehr viele Menschen, deren gesunder Menschenverstand unter weitsichtiger Betrachtungsweise ausgereift genug ist, um einen globalen Sinneswandel (z.B. Netzwerke für Grundeinkommen oder Direkte Demokratie) einzuleiten. Initiativen, die längst
aus dem „intellektuellen Experimentierstadium“ heraus sind, und nur darauf warten mit ihren Ideen eine mindestens ebensolche öffentlichkeitswirksame Plattform geboten zu bekommen, wie mittelmäßige Parlamentarier und „Wirtschaftsweisen“ mit nebulösen Prognosen oder Statistiken. Darum macht es nachdenklich, wenn solche bereits existente Alternativen zur Finanz – und Politkrise in der Dramaturgie der täglichen Untergangsszenarien entweder
Ein gesunder Egoismus
Wenn nun aber unser (angeborener) Egoismus darin besteht (oder bestehen könnte), gar nicht genug an entgegengebrachter Anerkennung aufgrund menschlicher Wertschätzung zu bekommen (anstatt nur Verachtung zu ernten), dann ist diese Vorleistung der inflationssicherste – und damit friedlichste – Zukunftsmarkt des Menschen. Keine geringere als die Natur selbst hat uns mit ebensolcher inflationären Investition im Wortsinne den Boden bereitet. Sie hat nichts dafür verlangt; außer, dass wir sie –  im eigenen Interesse – gut dafür behandeln, damit sie sich jeden Tag an uns verschenken darf. Sie lässt uns täglich die Wahl, ob wir einen einzelnen Kieselstein zu einer todbringenden Lawine werden lassen, oder ob wir mit einem einzelnen Samenkorn die gesamte Menschheit ernähren. Wir haben ihr nur noch nicht richtig zugehört und  unsere gesunde Ur-Sensibilität gegen unser ungesundes egoistisches Gewinnstreben verkauft.
Unsere Zukunft nehmen wir selbst in die Hand…
Daher richte ich mich hier zum Schluss, aber keinesfalls zu Letzt, nochmals mit Herzblut an die breite Öffentlichkeit, um einem gemeinsamen homogenen Gesellschaftssystem auf der Grundlage unserer eigenen Erwartungshaltung gegenüber unserem Nächsten den Weg zu ebnen. Ein System, in dem sich alle aktuellen Machtausprägungen (wie Despotie, Kapital, etc.) unterordnen. Z.B. sollte ein(e) Arbeitslose(r) höheres Ansehen genießen als ein Bundespräsident. Dazu brauchen wir bloß  das bei jedem bereits eingebaute und voll funktionsfähige Großhirn mit der vorinstallierten und lernfähigen Denksoftware zum eigenen Nachdenken hochzufahren, um neue zukunftsorientierte Programme zu entwickeln und in die Tat umzusetzen – wenn wir unter Weiterentwicklung mehr verstehen wollen, als die Modernisierung aller `Waffengattungen` zur Konservierung alter bornierter Denkstrukturen. …und zeigen der Regierung samt Bundespräsident unsere (sohlenlosen) Schuhe Ihr „Dialog über Deutschlands Zukunft“, Frau Bundeskanzlerin, mag ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Allerdings wundere ich mich, dass Sie Ihre Dialogbereitschaft nur einem sehr kleinen Teil der Menschen zugänglich machen, während Sie die Masse für einen Volksentscheid scheinbar für zu dumm halten, aber „klug“ genug wiederum, um Sie zu wählen. Die bundesweite Einführung des Volksentscheides sowie des Grundeinkommens sind zwei bereits fertige Konzepte, die sich auch zügig umsetzen lassen und keine zehn Jahre bedürfen, wie die Prognose Ihres Projektes. Als es darum ging, uns Hartz-Gesetze und Riesterrente überzustülpen und uns zum Nutzen der Wirtschafts- und Finanzkonzerne in die Armut zu treiben, hat man auch nicht lange gefackelt – und (uns) auf`s falsche Pferd gesetzt.
Auf jeden Fall sollten Sie sich schon möglichst bald entscheiden, wem Sie dienen wollen. Denen, von welchen Sie zur eigenen „Machtergreifung“ protegiert und am medienwirksamsten auf Ihr aristokratisches Ross gesetzt werden, oder uns, dem Volk, für das es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis es den Gehorsam des Reitens der stählernen Stute endgültig verweigert. Koste es was es wolle.
Darum betrachten Sie diesen Brief bitte als Motivationsverstärker für Ihre Prioritätenliste – und vergessen Sie dabei nicht: Wir sind die 99% auf die es ankommt. Wir sind das Volk – und das Volk ist der Souverän. So steht es in unserem Grundgesetz.
Wir bestehen darauf – damit wir morgen wieder alle an einer Tafel speisen können.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Ochs
(Ableger einer Weißen Rose)
Anhang
Die wichtigsten Argumente für das bedingungslose Grundeinkommen
Die bisherigen Versicherungs- und Sozialleistungen aus ALGI und ALGII werden allein schon weitgehend durch das bedingungslose Grundeinkommen refinanziert.
Weitere Einsparungen aus dem daraus nicht mehr benötigten Verwaltungsaufwand sind die daraus resultierenden Folgen.
Kostspielige Rechtsstreitigkeiten, insbesondere durch die Prozessflut aus dem ALGII – Bereich, entfallen.
Missbrauchsfälle der auf den Gesetzbüchern SGBII und SGBIII beruhenden Sozial- und Versicherungsleistungen entfallen.
Die staatlichen Leistungen für Arbeitslosigkeit und Rente, bzw. Pension entfallen im gleichen Maße wie die entsprechenden Beitragszahlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Entsprechende Modelle erwägen eine Aufstockung der Mehrwertsteuer unter Wegfall der Lohnsteuer.
Ebenso fallen die armutsbedingten (Folge)Kosten (Drogenkonsum, Strafdelikte, bzw. Schwerkriminalität) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf ein Minimum
Durch den wegfallenden, und damit demotivierenden Arbeitszwang, wird mit der freieren Arbeitsfindung nach Interessenlage auch die Arbeitsleistung und Qualität erheblich gesteigert.
Und nicht zuletzt wird damit nur über die Kleinigkeit entschieden, ob es wieder Krieg gibt.
Aber den gibt es – den „ideellen“ Wert des menschlichen Lebens selbstverständlich unberücksichtigt – auch nicht grade zum Nulltarif.
Fazit:
Die Lebensgrundlage unter dem bedingungslosen Grundeinkommen wird langfristig und planbar, wenn nicht sogar auf Lebenszeit, finanziell abgesichert und ist nicht von prekären Arbeitseinsätzen abhängig. Es ist durchaus die Prognose zulässig, dass aus dieser Lebensqualität heraus viele Krankheiten (durch vorzeitigen Verschleiß, Psychosen durch Burn- out- Syndrom, etc.) stark abnehmen. Gleichzeitig ist der Weg zur gesunden Ernährung für alle Menschen gewährleistet, der zur weiteren Gesundheitsprophylaxe dient.
Weitere Internet-Seiten
www.grundeinkommen.de
www.buergerinitiative-grundeinkommen.de
www.diebuergerlobby.de
www.mehr-demokratie.de
u. v. a.

Kommentare